Spendenaufruf zum Watzmannsprung

Neue Infos vom Landratsamt

Es geht immer noch um den Sprung von der Watzmann Mittelspitze, der durch die Medien ging und zu dem ich mich ja auch hier bereits geäußert hatte. Ich habe vor ein paar Tagen schließlich mit dem Landratsamt telefoniert. Der Herr war sehr nett und ich verstehe seine Anliegen. Genauer erläutern, inwiefern mein Sprung die Umwelt geschädigt habe, konnte er mir allerdings auch nicht. Es blieb mehr oder weniger bei der Argumentation: es ist verboten weil es verboten ist. Ich verstehe und akzeptiere, dass ich dafür belangt werde und werde mit den Konsequenzen leben können. Aber es überzeugt mich nicht um deshalb die Videos aus dem Internet zu nehmen.

Ein viel spannenderes Detail, welches er nannte, war jedoch ein anderes. Das Landratsamt schaut sich gerade auch noch das Luftrecht (genauer gesagt LuftVG) an. Die Diskussion darauf zu erweitern hatte ich bisher versucht zu vermeiden. Aber das scheint nun unvermeidbar.

Rechtliche Lage des BASE Jumpens in Deutschland

Im Gegensatz zum Gleitschirmfliegen oder Drachenfliegen gibt es keinen größeren Verband zur Organisation des Wingsuit BASE Jumpens in Deutschland¹. Die Anzahl der aktiven Wingsuit BASE Jumper ist schlichtweg zu gering (vermutlich irgendwo im zweistelligen Bereich) und eine Gesetzesänderung ist nicht in Sicht. Optimistisch, wenn auch immer wieder mit ungutem Gefühl, habe ich trotzdem Videos veröffentlicht. Ich wollte den Leuten den Sport näherbringen und ihnen auch zeigen, dass er in Deutschland ebenso praktiziert wird. Frei nach dem Motto: Wo kein Kläger, da kein Richter.

Da nun jedoch der erste potentielle Kläger, in Form des Landratsamts Berchtesgaden, darauf aufmerksam geworden ist, habe ich beschlossen zu handeln. Ich habe alle Videos, außer der beiden aus dem Nationalpark Berchtesgaden, aus dem Netz genommen, da ich weitere Klagen befürchten muss. Die Videos aus dem Nationalpark sind bereits bekannt und werden vermutlich ohnehin geahndet werden. Ich erwarte kein Mitleid, da ich mir der Sache bewusst war. Aber ich bin enttäuscht, dass es dazu kommen musste. Die Schweiz scheint da mit mehr Augenmaß zu handeln, obwohl dort viel mehr Leute springen. Das Schweizer Parlament hat erst kürzlich wieder die Legalität des Sports verteidigt.

Im übrigen war für mich der Sprung im Nationalpark also genauso verboten wie jeder andere Sprung in Deutschland. Vielleicht hilft das ein wenig, um die generelle Situation besser nachvollziehen zu können. Zukünftig werde ich solche Aktionen für mich behalten. Ich dachte, es könnte die Öffentlichkeit interessieren, dass der Sport auch in Deutschland betrieben wird. Ich wollte die Menschen an meiner Freude und meinen Abenteuern teilhaben lassen. Ich wollte Neugier und Interesse für die Schönheit der Berge wecken. Aber das wird leider nicht von allen wertgeschätzt.

Die Debattenkultur

Faszinierend finde ich die Intoleranz und Respektlosigkeit mancher Menschen. Für eine begangene Ordnungswidrigkeit erhalte ich Kommentare wie diesen:

Lächerlich. Der Watzmann wird es richten. Meine ich extrem ernst. Ich finde dich, schleife dich zurück an die Ostwand und lass dich ohne Wingsuit nochmal abspringen.

Mit solch einer aggressiven Kommunikationsweise wird man vermutlich Niemanden von seinen Standpunkten überzeugen können, selbst wenn es eigentlich die richtigen wären. Ein wenig mehr Offenheit für andere Meinungen – oder wie es so schön heißt „Ambiguitätstoleranz“ – würde manchen Leuten gewiss nicht schaden. Danke aber auch an die Leute, die sachlich Kritik geübt haben und natürlich auch für die vielen positiven Rückmeldungen.

Die stark emotional geführte Debatte richtet sich aber nicht nur gegen mich, sondern teilweise auch gegen die Behörden. Deshalb habe ich mich entschieden die Kommentarfunktion zu deaktivieren. Man kann mich aber selbstverständlich immer noch über die Homepage beleidigen, wenn man gar nicht mehr weiß wohin mit all der Wut! 😉

Naturschutz im Nationalpark

Ich möchte hier nochmal klarstellen, dass der Nationalpark von großer Bedeutung ist! Sonst hätten wir dort mittlerweile schon eine Gondel zum Watzmann. Einige Leute stecken ihr Herzblut in den Erhalt der Natur und sollten dafür Anerkennung und nicht Kritik ernten. Mein Sprung soll also nicht als Blaupause für willkürliche Regelmissachtungen im Park stehen. So wurde ich beispielsweise darauf hingewiesen, dass der Nationalpark absichtlich die Menschenströme auf gewisse Routen lenkt, um den Tieren mehr Rückzugsorte zu geben. Wenn ich nun diese Route verlasse bzw. andere Menschen womöglich dazu ermutige, werden diese Tiere gestört. Auch das Fliegen von Drohnen wird immer mehr zum Problem. Diese haben nämlich, verglichen mit dem Wingsuit BASE Jumpen, viel eher das Potential zu einem Massenphänomen und könnten dadurch einen anhaltenden Einfluss auf die Fauna ausüben.

Des Weiteren wurde ich auf die planetaren Belastungsgrenzen hingewiesen. Dabei werden verschiedene Faktoren genannt, welche die Stabilität des Ökosystems und damit (langfristig) das Fortbestehen der Menschheit gefährden könnten. Ein durchaus interessanter Verweis, der über die allgegenwärtige CO2 Problematik hinaus noch weitere Faktoren auflistet. Wie man auf folgender Grafik sehen kann, spielt dabei der Artenreichtum eine große Rolle.

Quelle: Wikipedia

Der Nationalpark wiederum kämpft gegen den Rückgang der Biodiversität an. Ich kann nur schwer einschätzen wie viele Tiere ich wie stark mit meinen Sprüngen gestört haben könnte. Diesen Vorwurf kann ich also nicht komplett von der Hand weisen. Es war aber auf jeden Fall außerhalb der Brutsaison. Ich möchte aber auch zu bedenken geben, dass die Hauptursachen der verringerten Biodiversität woanders liegen. Nämlich bei veränderter Landnutzung, dem Klimawandel und erhöhter Stickstoffbelastung in den Böden. Nichtsdestotrotz möchte ich mich bei denjenigen entschuldigen, die sich durch meine Aktion gestört fühlen.

Umweltschutz im Alltag

Während ich die Arbeit der Naturschützer des Nationalparks zu schätzen weiß, sehe ich aber vor allem im Alltag der Menschen Handlungsbedarf. So schön es ist, wenn bei uns wieder mehr Steinadler unterwegs sind, macht es mich weitaus trauriger, wenn in Australien Millionen von Hektar Wald samt Tieren verbrennen. Wenn das Umweltbewusstsein nicht in unserem Alltagsleben ankommt, dann können auch Projekte wie ein Nationalpark nicht mehr viel ausrichten.

Die Debatte sollte also nicht um die Umweltbelastung eines Wingsuitsprungs kreisen. Sondern lieber darum, warum ich und viele andere an jenem Samstag mit einem Auto mit Verbrennungsmotor nach Berchtesgaden gefahren sind. Warum wir immer noch Braunkohlekraftwerke betreiben und dafür sogar ganze Ökosysteme zerstören. Warum fossile Brennstoffe weiterhin subventioniert werden. Warum wir immer noch so viel Fleisch essen. Warum wir billige Kleidung kaufen, die in anderen Ländern die Natur vergiftet. Warum wir so oft neue Handys kaufen, die ebenso die Umwelt verschmutzen. Und, und, und…

Wer komplett umweltbewusst lebt, muss sich geradezu selbst kasteien. Ich bin der Meinung man muss die richtige Balance finden. Aber komplett ohne Veränderungen werden wir unser Leben nicht auf Dauer weiterführen können. Also gerade der Mut für neue Wege sollte dabei nicht zu kurz kommen. Dafür stehe ich mit meinen Aktionen und Videos. Wenn wir den Vergleich weiterführen, sehen wir aber auch, dass das ungewisse Neue auch Chancen eröffnet. Neue Möglichkeiten die man vorher vielleicht nicht gesehen hat.

Spende für die Umwelt!

Diejenigen, die mir angeboten hatten zu spenden, falls es zu einer Strafe kommt, können mir einen größeren Gefallen tun, wenn sie für eine Umweltinitiative spenden. Die Verteidiger der Nationalparkverordnung dürfen sich selbstverständlich ebenso anschließen! Damit könnte die Aktion im Nachhinein zumindest noch für etwas gut gewesen sein und die aufgebrachten Kommentatoren können ihre Energien auf etwas Positives lenken.

Ich möchte ein Projekt zur Renaturierung von Mooren unterstützen. Moore sind Klima-, Arten- und Hochwasserschutz in einem! In einem intakten Moor ist Kohlenstoff gespeichert und wird aktiv aus der Atmosphäre gezogen. Wird das Moor beispielsweise für landwirtschaftliche Zwecke trockengelegt, gibt das Moor nach und nach den Kohlenstoff, aber auch Lachgas, in die Atmosphäre ab. Moore speichern doppelt so viel Kohlenstoff, wie alle Wälder der Welt zusammen. Abgesehen davon sind Moore auch Lebensraum für besondere Pflanzen- und Tierarten. Der schwammartige Boden dient noch dazu als Hochwasserschutz, da er große Mengen an Wasser aufnehmen kann. Noch mehr Infos gibt’s zum Beispiel hier.

Ich habe eine Crowdfunding-Seite eingerichtet, da ich das Konzept für motivierender halte, als einen einfachen Spendenaufruf. Das von mir auserkorene Spendenziel ist 2500€, nachdem diese Zahl als mögliche Strafe ja bereits durch die Medien ging. Anstatt lediglich jemanden damit zu bestrafen, können wir mit der selben Geldsumme doch auch etwas Positives bewirken. Selbstverständlich gehen sämtliche Einnahmen an den BUND Naturschutz in Bayern für ein Moorprojekt! Über deren Arbeit könnt ihr euch hier noch weiter informieren.

Hier geht’s zur Spendenseite!

Update:

¹: Es gibt selbstverständlich den Verein deutscher Objektspringer (VDO). Da es sich um einen kleinen Verein handelt, ist aber die politische Einflussnahme schwierig.

Update 2:

Zwar konnten mit der Spendenaktion über 1000€ gesammelt werden, allerdings schien es dem BUND Naturschutz aufgrund von datenschutzrechtlichen Bedenken nicht möglich die Spenden von der Sammelseite anzunehmen. Das ist sehr Schade und fast ein wenig absurd. Aber dann kann ich dem Verein leider auch nicht helfen. Das ändert aber nichts an meiner Meinung zu der Debatte, die ich oben erläutert habe und ich würde auch weiterhin Spenden zum Erhalt von Mooren befürworten.